Während das Kirchenschiff von St. Sebastian zwischen 1847 und 1851 im neugotischen Stil erneuert worden ist, gehen die Grundmauern des Turms und des Chorraums in das Jahr 1471 zurück. Nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1648) wurde dem damaligen Kirchenschiff eine bis heute erhaltene Unterkirche mit Hochchor angefügt. Links und rechts von den Chorstufen gelangt man in die Krypta mit ihrem beeindruckenden gotischen Kreuzgewölbe. Der Altarraum der Krypta wurde 1962 nach Entwürfen des Architekten Alexander Freiherr von Branca durch den Steinbildhauer Hans Kreuz aus Herrsching am Ammersee ausgestaltet. Altar, Sebastianssäule, eine Konsole für den aus dem 14. Jahrhundert stammenden „Heiland in der Ruh“ und ein Sockel für die schmerzhafte Muttergottes in der linken Seitennische sind aus Muschelkalk-Kernstein gearbeitet. In der Advents- und Weihnachtszeit wird in der Krypta die Rieser Krippe aufgebaut. Sie besteht aus zahlreichen mit Stoff bekleideten Holzfiguren in Rieser Tracht. Eine Nachbildung des Oettinger Ortsbildes und des Tempelberges von Jerusalem sowie typische Rieser Hausansichten ergänzen das Gesamtbild. In der Adventszeit wird das Krippengeschehen Woche für Woche vervollständigt. Nach Verkündigung und Herbergssuche kommen Christi Geburt und schließlich die Anbetung der Könige hinzu. Die Rieser Krippe erfreut sich bei Einheimischen und bei zahlreichen Besuchern von auswärts großer Beliebtheit.
Die Sebastianssäule rechts neben dem Altar trägt nicht nur eine Sebastiansfigur von 1762. Sie birgt auch eine wertvolle Reliquienmonstranz aus dem Jahr 1655 mit einer Armreliquie des heiligen Sebastian. Die Inschrift auf dem Fuß der Monstranz lautet: „Sacra Reliquia Ossis S. Sebastiani Martyr. Patroni Rhetiae Ex Dono Eminentissimi Cardinalis et Episcopi Ratisbon. D. D. Wilhelmi Francisci Comilis a Warttenberg 1655.” In deutscher Übersetzung heißt es: „Heilige Knochenreliquie des heiligen Märtyrers Sebastian, des Patrons des Rieses, Geschenk Seiner Eminenz des Kardinals und Bischofs von Regensburg, des Hochwürdigen Herrn Reichsgrafen Franz Wilhelm von Wartenberg 1655.“ Franz Wilhelm Reichsgraf von Wartenberg (1593 – 1661) war ein Kardinal aus einer Seitenlinie des Fürstenhauses Wittelsbach. Er zählt zu den bedeutendsten Fürstbischöfen von Osnabrück und Regensburg. Aufgrund seiner Verwandtschaft mit dem gräflichen Haus Oettingen-Spielberg kam die Reliquie nach Oettingen. Graf Franz Albrecht zu Oettingen-Spielberg übergab sie 1684 der Pfarrkirche aus besonderer Verehrung für den heiligen Sebastian.