Vom 1. Advent bis zum 2. Februar, dem Fest der Darstellung des Herrn, ist in der Krypta unter dem Altarraum von St. Sebastian die Rieser Krippe aufgebaut, die in der Advents- und Weihnachtszeit zahlreiche Besucher und Krippenfreunde aus Nah und Fern anlockt. Mit dem Bau der Rieser Krippe in unserer Stadtpfarrkirche St. Sebastian wurde im Jahr 1990 begonnen. Die Krippenbauer Gerhard Förschner und Winfried Jaumann entwickelten zusammen mit dem damaligen Stadtpfarrer Franz Xaver Neher die Idee einer heimatlich geprägten Krippendarstellung. Mit viel Geschick und Liebe zum Detail wurde das biblische Weihnachtsgeschehen in die Rieser Heimat verlegt. Bewegliche Figuren mit geschnitzten Köpfen wurden von Anni Bork, Sonja Rothbauer und Gerlinde Losert in mühevoller Näharbeit bekleidet. Männer und Frauen, Junge und Alte, Gruppen in Rieser Tracht und solche in einfacher ländlicher Kleidung bevölkern das Krippengelände. Auch die Tierwelt ist mit Schafen, Ziegen, Hennen und Hunden vertreten. Enten schwimmen auf einem mit fließendem Wasser befüllten Teich. Die Häuser sind dem ländlichen Baustil des Rieses nachempfunden. Besonders detailgetreu ist ein beachtlicher Teil des Oettinger Stadtbildes nachgebaut worden, der in der Mitte der Krippenlandschaft den Blick des Betrachters auf sich zieht. Man sieht maßstabsgerechte Nachbildungen der beiden Pfarrkirchen St. Jakob und St. Sebastian, den katholischen Pfarrhof, den Kindergarten, das Fürstliche Residenzschloss, den Marktplatz, das Rathaus, das Königstor und viele weitere Details.
Eine Besonderheit der Rieser Krippe besteht darin, dass sie vom 1. Advent bis zum Drei-Königs-Tag Schritt für Schritt wächst. Alles beginnt in der Adventszeit mit der Darstellung der Verkündigung des Engels Gabriel an Maria, die sehr originell im Nebenraum der Werkstatt des heiligen Josef stattfindet. Es folgt die Herbergssuche, bei der Maria, auf einem Esel reitend, und Josef an der Tür eines Rieser Wirtsehepaars in Nachthemd und Zipfelmütze anklopfen. Schließlich öffnet sich zu Weihnachten das große Scheunentor eines Rieser Stadels für die Szene der Geburt Jesu Christi, dessen Eltern Maria und Josef in Rieser Tracht an der Krippe stehen.
Neben allen Anklängen an die Rieser Heimat entführt die Rieser Krippe den Betrachter jedoch auch mit einer besonders reizvollen und detailgetreuen Darstellung in das bunte orientalische Leben der Altstadt von Jerusalem. Mittelpunkt des Stadtbildes ist die goldene Kuppel des Felsendoms, des wohl bekanntesten Wahrzeichens von Jerusalem. Innerhalb der Stadtmauern sehen wir das geschäftige Treiben eines orientalischen Alltags. Ein Eimer hängt am Zugbrunnen. Eine Wasserträgerin geht über den Vorplatz. Vor dem Tempel finden Unterhaltungen statt. Verwinkelte Hausmauern und Türme erwecken einen idyllischen Eindruck. Dennoch wird das Stadttor von römischen Soldaten mit Lanzen bewacht. Der Weg aus der Stadt heraus führt eine schier endlose Prozession von Eselskarren, bepackten Pferden und Kamelen, von Dienern und Lakaien zur Krippe von Betlehem hin. Es ist der Weg der Sterndeuter aus dem Osten, die in Jerusalem zum Erstaunen des Volkes fragten: „Wo ist der neu geborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen.“
Das „himmlische Jerusalem“ der Rieser Krippe
Im Jahr 1971 schrieb die Schriftstellerin Maria Luise Thurmair den Text zu einem Weihnachtslied, das die Stadt Jerusalem in den Jubel der himmlischen Chöre mit einbezieht und die Bewohner dieser Stadt einlädt, dem Herrn entgegen-zugehen. Dort heißt es: „Sieh, dein Licht will kommen. Stehe auf, du Stadt des Herrn. Über dir erstrahlt der Stern, ist der Tag erglommen. Werde licht, Jerusalem, Christus ist erschienen.“ Die Rieser Krippe in der Stadtpfarrkirche St. Sebastian entführt uns mit einer besonders reizvollen und detailgetreuen Darstellung in das bunte orientalische Leben der Altstadt von Jerusalem. Mittelpunkt des Stadtbildes ist die goldene Kuppel des Felsendoms, des wohl bekanntesten Wahrzeichens von Jerusalem. Die Krippenbauer haben dabei ganz bewusst Vergangenheit und Gegenwart ineinander fließen lassen, denn dieser Kuppelbau auf dem Jerusalemer Tempelberg wurde erst siebenhundert Jahre nach Christi Geburt als islamisches Heiligtum erbaut und sogar erst 1963 vergoldet. Trotzdem hat die Darstellung einen tieferen Sinn. Sie lädt zum Nachdenken darüber ein, wie aktuell die Geburt Christi zu allen Zeiten ist und wie das friedliche Miteinander der verschiedenen Weltreligionen auch und gerade in einer Krippendarstellung Platz haben kann.
Das Jerusalem der Rieser Krippe sehr gut mit Mauern befestigt und erinnert an das Wallfahrtslied in Psalm 122: „Ich freute mich, als man mir sagte: Zum Haus des Herrn wollen wir pilgern. Schon stehen wir in deinen Toren, Jerusalem. Jerusalem, du starke Stadt, dicht gebaut und fest gefügt.“ Weithin sichtbar wehen auf den Tortürmen der Stadtmauern zwei moderne Nationalflaggen: Rechts die Flagge des Staates Israel mit dem Davidsstern und links die schwarz-weiß-grüne Flagge der palästinensischen Autonomiegebiete – ein stummes Mahnmal des Friedens. Innerhalb der Stadtmauern sehen wir das geschäftige Treiben eines orientalischen Alltags. Ein Eimer hängt am Zugbrunnen. Eine Wasserträgerin geht über den Vorplatz. Vor dem Tempel finden Unterhaltungen statt. Verwinkelte Hausmauern und Türme erwecken einen idyllischen Eindruck. Dennoch wird das Stadttor von römischen Soldaten mit Lanzen bewacht. Der Weg aus der Stadt heraus führt eine schier endlose Prozession von Eselskarren, bepackten Pferden und Kamelen, von Dienern und Lakaien zur Krippe von Betlehem hin. Es ist der Weg der Sterndeuter aus dem Osten, die in Jerusalem zum Erstaunen des Volkes fragten: „Wo ist der neu geborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen.“
Die Darstellung der Stadt Jerusalem in der Rieser Krippe verdeutlicht die Botschaft: Jerusalem ist überall, auch bei uns! Überall auf der Welt sehnen sich die Menschen nach Frieden. Zu allen Zeiten verlassen Menschen ihre Heimat und ihr Vaterhaus, um dem Herrn entgegen zu gehen. Schließlich steht die Stadt Jerusalem auch für eine wunderbare Zukunftsvision, die mit der Geburt des Gottessohnes Jesus von Nazaret in die Welt gekommen ist. Es ist die Vision einer besseren Welt von morgen, die Vision vom „himmlischen Jerusalem“, das am Ende der Zeiten alle Völker in sich aufnehmen und zu Hause sein lässt. Davon spricht die Geheime Offenbarung des Evangelisten Johannes auf den letzten Seiten der Heiligen Schrift. Nicht nur in Betlehem, sondern zu allen Zeiten und an allen Orten will Gott unter uns Menschen wohnen: „Ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott her aus dem Himmel herabkommen. Sie war bereit wie eine Braut, die sich für ihren Mann geschmückt hat. Da hörte ich eine laute Stimme vom Thron her rufen: Seht, die Wohnung Gottes unter den Menschen! Er wird in ihrer Mitte wohnen, und sie werden sein Volk sein; und er, Gott, wird bei ihnen sein.“